Schlagwort: Abfindung

Aufhebungsvertrag: Hohe Abfindung wirksam: Stadt kann 265.000 Euro nicht zurückfordern

Die Stadt Iserlohn hat keinen Anspruch auf Rückzahlung einer Abfindung in Höhe von rund 265.000 Euro, die sie einem Verwaltungsangestellten im Rahmen eines Aufhebungsvertrags zugesagt und später auch gezahlt hat. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm entschieden.

Das war geschehen

Der beklagte Verwaltungsanstellte war seit Januar 2008 bei der Stadt Iserlohn gegen ein monatliches Tarifentgelt in Höhe von rund 3.700 Euro brutto beschäftigt. Nach Differenzen mit Vorgesetzten – u. a. wegen der Einführung eines neuen Schichtdienstmodells – bot die Stadt diesem am 24.1.2019 die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei rund siebenmonatiger bezahlter Freistellung und gegen Zahlung einer Abfindung von 250.000 Euro zuzüglich Steigerungsbeträgen bei vorzeitiger Beendigung an. Bei Aufhebung letztlich zum 30.4. 2019 zahlte die Stadt eine Abfindung in Höhe von 264.800 Euro brutto.

Dann geschah Folgendes: Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren ein, das Amtsgericht (AG) Hagen ordnete einen Vermögensarrest gegen den beklagten Arbeitnehmer in Höhe der Zahlung an und die Kommunalaufsicht schritt ein. Gegen den im Kontext dieses Sachverhalts zurückgetretenen früheren Bürgermeister der Stadt Iserlohn, den damaligen Bereichsleiter Personal und den beklagten Arbeitnehmer ist zwischenzeitlich Anklage mit dem Tatvorwurf der Untreue bzw. der Beihilfe zur Untreue erhoben worden.

Arbeitsgericht: Aufhebungsvertrag unwirksam – Rückzahlung der Abfindung

Der parallel zum Strafverfahren im April 2020 anhängig gemachten Klage der Stadt auf Rückzahlung der Abfindung gab das Arbeitsgericht (ArbG) Iserlohn statt. Der Aufhebungsvertrag sei nach dem Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) NRW unwirksam. Die Stadt habe den Personalrat nicht ausreichend über die Inhalte des Aufhebungsvertrags informiert und insbesondere keine Angaben zur Höhe der Abfindung gemacht. Dies führe zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags und lasse den Rechtsgrund für die darauf geleisteten Zahlungen entfallen.

Nächste Instanz: Keine Unwirksamkeit durch Versäumnis der Stadt – keine Rückzahlung

Dem folgte das LAG nach der kurzen mündlichen Urteilsbegründung am Schluss der Sitzung nicht. Die mangelhafte Beteiligung des Personalrats gehe auf ein Versäumnis der Stadt zurück, weshalb sich diese auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags nicht berufen könne. Es sei auch nicht erkennbar, dass der beklagte Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrags gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen habe. Dies könne nicht allein deshalb gefolgert werden, weil die Abfindung im Vergleich zu den Gepflogenheiten öffentlicher Arbeitgeber ungewöhnlich hoch war. Vielmehr habe dieser das ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das LAG nicht zugelassen.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 15.2,2022

Unzumutbarkeit: Auflösungsantrag des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess

Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer ein Fortsetzen des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, muss das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber verurteilen, eine angemessene Abfindung zu zahlen. So hat es jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschieden.

Es kommt auf die Unzumutbarkeit an

Dieser Grundsatz folgt aus dem Kündigungsschutzgesetz (hier: § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG). In entsprechenden Fällen ist meist die Frage der Unzumutbarkeit ausschlaggebend. Dazu hat das LAG entschieden: Die gegen den Arbeitnehmer zum Ausdruck kommende, durch geänderte und schlechte Arbeitsbedingungen bei der Erfüllung des Weiterbeschäftigungsanspruchs gekennzeichnete feindselige Haltung des Arbeitgebers kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitnehmers rechtfertigen.

Das war geschehen

In dem Fall des LAG war der Arbeitgeber in erster Instanz zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers verurteilt worden. Während des Berufungsverfahrens hatte er ihm die bisherigen Aufgaben nicht mehr zugewiesen. Er hat ihn vielmehr in eine andere Niederlassung versetzt.

„Feindliche Haltung“ des Geschäftsführers

Die Begründung hierfür überzeugte das LAG in keiner Weise. Er hätte auch den im Lauf der Arbeitsunfähigkeit oder des Kündigungsschutzprozesses mit den ursprünglichen Aufgaben des Arbeitnehmers betrauten Mitarbeiter in die andere Niederlassung versetzen können. Das LAG hat in der Befragung und Diskussion mit dem Geschäftsführer zudem den nachhaltigen Eindruck gewonnen, dass dieser die angedeutete Entscheidung der Arbeitsgerichte über die Kündigung nicht nachvollziehen kann und dass er dies den Arbeitnehmer weiterhin spüren lassen wird. Dem entspricht, dass er von einem Vertrauensverlust gegenüber dem Arbeitnehmer allein deswegen ausgeht, weil dieser den Firmenlaptop nicht sofort zurückgegeben hat. Der Arbeitnehmer kann bei einer derart feindlichen Haltung des Geschäftsführers nach der Überzeugung des LAG nicht damit rechnen, dass in Zukunft eine störungsfreie Weiterarbeit und ein unbelastetes Miteinander möglich ist. Dies rechtfertigt die Auflösung auf seinen Antrag hin.

Quelle | LAG Nürnberg, Urteil vom 29.11.2022

Betriebsänderung: In diesem Fall gibt es auch bei Eigenkündigung eine Abfindung

Scheiden anlässlich einer Betriebsänderung Arbeitnehmer durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen aus, sind sie wie die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer abfindungsberechtigt. Voraussetzung: Die Eigenkündigung wurde durch den Arbeitgeber veranlasst. So hat es das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschieden.

Dies ist nach dem Urteil der Fall, wenn der Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer im Hinblick auf eine konkret geplante Betriebsänderung die berechtigte Annahme hervorgerufen hat, mit der Eigenkündigung komme er einer sonst notwendig bevorstehenden betriebsbedingten Kündigung zuvor. Aber Achtung: Beweisen muss das der Arbeitnehmer.

Quelle | LAG Nürnberg, Urteil vom 27.10.2020, 7 Sa 157/20

5,0 Sterne bei Google
über 300 Rezensionen