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Erhebliche Pflichtverletzung: Kündigung: Oberarzt ließ 16-jährigen Sohn im OP assistieren

Ein leitender Oberarzt, der seinen 16-jährigen Sohn Tätigkeiten während der OP durchführen lässt, kann dafür auch ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. So entschied es das Arbeitsgericht (ArbG) Paderborn.

Erhebliche Pflichtverletzung: Kündigung: Oberarzt ließ 16-jährigen Sohn im OP assistieren

| Ein leitender Oberarzt, der seinen 16-jährigen Sohn Tätigkeiten während der OP durchführen lässt, kann dafür auch ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. So entschied es das Arbeitsgericht (ArbG) Paderborn. |

Das war geschehen

Die Parteien streiten über eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung. Der Arbeitnehmer war seit 2011 als leitender Oberarzt in der Klinik für Orthopädie/Unfallchirurgie tätig. Er nahm bei einer von ihm durchgeführten Operation seinen 16-jährigen Sohn mit in den Operationssaal. Er ließ ihn während der OP „Haken-Halten“, während sich die 76-jährige Patientin in Vollnarkose befand. Hierbei handelt es sich um das Offenhalten des Operationsbereichs nach dem Schnitt, um sicherzustellen, dass der Operateur während der Operation Zugang zum Operationsgebiet hat. Bevor er den Operationssaal verließ, bot er seinem Sohn an, dass dieser das „Tackern“ durchführen könne. Der Sohn lehnt das Angebot ab. Nachdem der Arzt den Operationssaal verlassen hatte, nähte ein Facharzt zunächst subkutan. Er begann dann die Haut zu tackern. Die letzten zwei bis drei Tackervorgänge führte der Sohn des Arbeitnehmers aus.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellte den Arbeitnehmer frei. Dieser behauptet, den Chefarzt über die beabsichtigte Mitnahme seines Sohnes in den Operationssaal vorher informiert zu haben. Hiergegen habe es keine Einwände gegeben. Zudem seien in der Vergangenheit in der Klinik andere Personen während Operationen im OP anwesend gewesen und diese hätten auch teilweise Tätigkeiten übernommen. Dies entspräche der üblichen Praxis beim Arbeitgeber. Zudem wäre eine Abmahnung ausreichend. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass bereits die Mitnahme des Sohnes eine so schwerwiegende Pflichtverletzung darstelle, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertige.

Mehrere Pflichtverstöße des Arztes

Das ArbG kam zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorlag, die eine Abmahnung entbehrlich gemacht habe.

Der Arzt habe seine Aufklärungspflicht gegenüber der Patientin verletzt. Er habe diese nicht über die Anwesenheit seines Sohnes informiert und ihr Einverständnis hierzu nicht eingeholt. Die Würde der Patientin sei missachtet worden.

Es sei irrelevant, ob die Hygienevorgaben durch den Sohn eingehalten worden seien. Die Gegenwart jeder weiteren Person im Operationssaal erhöhe die Gefahr einer Übertragung von Krankheitserregern.

Sohn ohne medizinische Ausbildung und Vorerfahrung

Es beständen Anhaltspunkte dafür, dass sich durch die Anwesenheit des Sohnes die OP konkret hätte verzögern und es zu Ablaufstörungen hätte kommen können. Die Gefahr sei latent vorhanden gewesen. Der Sohn habe keine medizinische Ausbildung und ebenso wenig Vorerfahrung im medizinischen Bereich.

Es habe die Gefahr bestanden, dass der Sohn Schwierigkeiten bei der Ausführung der anspruchsvollen Tätigkeit habe, die üblicherweise von einem Assistenzarzt durchgeführt werde. Der Arzt habe damit rechnen müssen, dass dem Sohn Fehler unterlaufen und er einschreiten müsse. Das sei ihm bewusst gewesen. Selbst, wenn der Arbeitnehmer den Chefarzt über die Mitnahme seines Sohnes in den OP in Kenntnis gesetzt haben sollte und dieser keine Einwände erhoben habe, führe die Assistenz des Sohnes während der OP zu einem so schwerwiegenden Pflichtverstoß, dass dies die Kündigung – auch ohne Abmahnung – rechtfertige.

Ärztliche Schweigepflicht verletzt und fehlende Sensibilität

Das Verhalten führe auch zu einer Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber der Patientin. Es wurde eine narkotisierte und weibliche Patientin operiert. Hier zeigt sich fehlendes Verantwortungsbewusstsein und fehlende Sensibilität des Arztes in Bezug auf die Intimsphäre der Patientin. Quelle | ArbG Paderborn, Urteil vom 20.8.2024

Unterlassungsklage: Streit um Abwerben von Mitarbeitern

Besteht gegen eine konkurrierende Firma im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens ein Anspruch auf Unterlassung der Abwerbung von Mitarbeitern? Diese Frage hat das Landgericht (LG) Koblenz beantwortet.

Steckte die Antragsgegnerin hinter den Kündigungen?

Bei der Antragstellerin und der Antragsgegnerin handelt es sich jeweils um Firmen, die u.a. stationäre Brandschutzsysteme vertreiben und auf diesem Markt sowohl um Kunden als auch um Mitarbeiter konkurrieren. Etwa 25 Mitarbeiter, die derzeit oder bis vor Kurzem noch bei der Antragsgegnerin beschäftigt sind bzw. waren, hatten sich ursprünglich entschlossen, zu der Antragstellerin zu wechseln und mit dieser bereits Anstellungsverträge geschlossen. In der Folgezeit erklärten jedoch mehrere dieser zunächst wechselwilligen Mitarbeiter jeweils eine gleichlautende Kündigung dieser Anstellungsverträge und nahmen ihre Arbeit bei der Antragstellerin nicht auf.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass die Antragsgegnerin zur Verhinderung des Verlusts ihrer Mitarbeiter und zur Schädigung der Antragstellerin die wechselwilligen Mitarbeiter dazu verleitet habe, die mit der Antragstellerin geschlossenen Anstellungsverträge zu verletzen. Die Antragsgegnerin sei für die identischen und kurz vor Arbeitsbeginn erklärten Kündigungen sowie für den darauffolgenden Nichtantritt der Arbeitsstelle verantwortlich. Es handele sich um ein konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch diese. Sie stelle den wechselwilligen Mitarbeitern kostenfreie Rechtsberatung durch einen externen Anwalt zur Verfügung. Schließlich habe die Antragsgegnerin den wechselwilligen Mitarbeitern eine Prämienzahlung in Höhe von 2.000 bis 3.000 Euro versprochen, wenn sie von dem Wechsel Abstand nehmen würden. Durch die Kündigungen und das Nichterscheinen der ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiter sei es zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf der Antragstellerin gekommen.

Das wollte die Antragstellerin erreichen

Die Antragstellerin beantragte sinngemäß den Erlass einer einstweiligen Verfügung, mit der es der Antragsgegnerin untersagt werden sollte, aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter der Antragsgegnerin, die ihr neues Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin gekündigt oder nicht angetreten haben, einstweilig für die Dauer von sechs Monaten, hilfsweise kürzer, einzustellen oder weiter zu beschäftigen. Zudem sollte der Antragsgegnerin sinngemäß untersagt werden, ihre ehemaligen oder aktuellen Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ihr Anstellungsverhältnis bei der Antragstellerin zu kündigen oder nicht anzutreten, eine Prämie für den Fall auszuloben, dass ihre aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter nicht zu der Antragstellerin wechseln sowie den Mitarbeitern unentgeltlich Rechtsrat durch einen Anwalt in Bezug auf die Möglichkeiten einer Beendigung ihres Anstellungsvertrags bei der Antragstellerin zur Verfügung zu stellen.

So entschied das Landgericht

Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, weil weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vorliege. Die Antragstellerin habe gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Unterlassung. Es liege keine unzulässige geschäftliche Handlung vor, weil die Antragsgegnerin mangels gezielter Behinderung der Antragstellerin nicht unlauter gehandelt habe.

Besondere Umstände müssen Unlauterkeit begründen

Das Abwerben und auch das Rückabwerben von Mitarbeitern eines Unternehmens, gleichgültig, ob es auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist oder nicht, sei grundsätzlich erlaubt. Es müssten daher zur Begründung der Unlauterkeit besondere Umstände vorliegen. Solche besonderen Umstände seien gegeben, wenn der konkurrierende Unternehmer mit der Abwerbung einen verwerflichen Zweck verfolge oder bei der Abwerbung selbst verwerfliche Mittel oder Methoden anwende. Ein verwerflicher Zweck werde z. B. verfolgt, wenn der Abwerber nicht sein eigenes unternehmerisches Fortkommen bezwecke, sondern primär die wirtschaftliche Entfaltung des Konkurrenten behindert werden soll. Es sei auch unlauter, einen Mitarbeiter abzuwerben, indem man ihn zum Vertragsbruch verleite. Es sei hingegen zulässig, dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen Kündigung helfend zur Seite zu stehen. Ebenso dürfe das Kündigungsschreiben vom neuen Arbeitgeber übermittelt oder für eine rechtmäßige Kündigung eine Prämie ausgelobt werden.

Vorliegend sei eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin nicht ersichtlich. Die wechselwilligen Mitarbeiter wären zuvor bei ihr tätig gewesen, sodass sie ein erhebliches Eigeninteresse an der Weiterbeschäftigung dieser Mitarbeiter habe und diese benötige.

Identische Kündigungen kein Indiz

Soweit sich die Antragstellerin darauf berufe, dass die Antragsgegnerin die wechselwilligen Mitarbeiter zur Verletzung zum Vertragsbruch verleite, sei dies von der Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Allein aus dem Umstand, dass die Kündigungen in Wortlaut, Aufbau und Form identisch seien, folge nicht, dass diese von der Antragsgegnerin herrühren. Ein dahingehendes konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin sei weder dargelegt noch bewiesen.

Prämienzahlung zulässig

Auch die im Rahmen einer Betriebsversammlung angekündigte Prämienzahlung stelle keine unzulässige Handlung dar, weil diese allen Mitarbeitern und nicht nur den wechselwilligen Mitarbeitern zugutekommen sollte. Dass den anderen wechselwilligen Mitarbeitern eine erhöhte Prämienzahlung außerhalb der Betriebsversammlung angeboten worden ist, sei hingegen nicht ersichtlich.

Vertragsbruch Sache der Vertragsparteien

Auch, sofern die Lösung des Vertrags durch die wechselwilligen Mitarbeiter einen Vertragsbruch darstellen würde, sei dies allein die Entscheidung des Beschäftigten. Im Fall der Vertragsverletzung könne der Arbeitgeber gegen ihn vorgehen. Eine unlautere Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit der wechselwilligen Mitarbeiter durch eine – als wahr unterstellte – Hilfe bei der Fertigung der Kündigung oder die – vermeintliche – Auszahlung einer Prämie sei nicht gegeben. Unlauterkeit liege nur bei Druck, unangemessenem Einfluss oder Irreführung des Arbeitnehmers vor.

Abschließend liege auch kein Verfügungsgrund vor. Die Vermutung der Dringlichkeit sei widerlegt. Die Antragstellerin habe durch ihr eigenes Verhalten, insbesondere das Zuwarten mit der Antragstellung (zwischen der ersten Kündigung eines ursprünglich wechselwilligen Mitarbeiters und der Antragstellung lagen drei Monate), die erforderliche Dringlichkeit selbst widerlegt.

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Quelle | LG Koblenz, Beschluss vom 17.9.2024

Öffentlicher Dienst: Teilnahme an rechtsextremistischen Treffen allein genügt nicht für eine Kündigung

Allein die Teilnahme an einem rechtsextremistischen Treffen rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung. So sieht es das Arbeitsgericht (ArbG) Köln.

Teilnahme am Treffen in der Villa Adlon

Die 64-jährige Arbeitnehmerin ist seit 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt. Tariflich ist sie ordentlich nicht kündbar. Sie nahm am 25.11.2023 an einem Treffen in der Villa Adlon in Potsdam teil, über das bundesweit berichtet wurde. Daraufhin sprach der Arbeitgeber mehrere außerordentliche Kündigungen aus. Die Arbeitnehmerin habe gegen ihre Loyalitätspflicht ihm gegenüber verstoßen.

Keine gesteigerte Treuepflicht

Das ArbG entschied: Allein die Teilnahme am Treffen rechtfertige keine außerordentliche Kündigung. Die Arbeitnehmerin träfe aufgrund ihrer konkreten Tätigkeit nur eine einfache und keine gesteigerte politische Treuepflicht.

Das Maß an Loyalität und Treue zum öffentlichen Arbeitgeber sei von Stellung und Aufgabenkreis des Arbeitnehmers abhängig. Danach schulde ein Arbeitnehmer nur ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unabdingbar sei. Diese einfache Treuepflicht werde erst durch ein Verhalten verletzt, das in seinen konkreten Auswirkungen darauf gerichtet sei, verfassungsfeindliche Ziele aktiv zu fördern oder zu verwirklichen.

Allein die Teilnahme am Treffen rechtfertige nicht den Schluss, dass sich die Arbeitnehmerin in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge befunden habe. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele, z. B. durch Wortbeiträge im Rahmen des Treffens, habe die Arbeitgeberin nicht behauptet. Quelle | ArbG Köln, Urteil vom 3.7.2024

Betriebsratsvorsitzender: Kündigungsrecht: Folgen bei Lügen im Prozess

| Behauptet der Betriebsratsvorsitzende in einem gerichtlichen Verfahren vorsätzlich oder leichtfertig falsche Tatsachen, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt, kann dies an sich ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. So entschied es das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf. |

Falsche Erklärung im Arbeitsgerichtsprozess abgegeben

Das LAG weiter: Gibt der Betriebsratsvorsitzende im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren eine falsche Erklärung ab, ist jedoch auf der Ebene der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass bei einem Zusammentreffen von amts- und arbeitsrechtlicher Pflichtverletzung ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, soweit das Betriebsratsmitglied gerade durch die Amtsausübung in Konflikt mit seinen arbeitsvertraglichen Pflichten geraten ist.

Hier Außerordentliche Kündigung nicht möglich

Im Fall vor dem LAG ging es um den Vorwurf eines lediglich „angedeuteten Kopplungsgeschäfts“. Dies rechtfertigt nach Ansicht des LAG von vornherein keine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsvorsitzenden, wenn die entsprechende Interpretation des ArbG zu einer Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden spekulativ bleibt, auch andere Auslegungsergebnisse ebenso gut vertretbar wären und der ArbG sich nicht einmal die Mühe gibt, schlicht nachzufragen und nachzuhaken, um den genauen Erklärungswillen hinter einer objektiv offen gehaltenen Äußerung in Erfahrung zu bringen. Quelle | LAG Düsseldorf, Beschluss vom 22.8.2023

Arbeitsvertragsklausel: Kündigung einer TV-Moderatorin wegen Wettbewerbstätigkeit wirksam

| Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln hat entschieden, dass die Kündigung einer TV-Moderatorin wirksam ist, die trotz Abmahnungen eine Online-Kolumne für eine im Wettbewerb stehende Tageszeitung verfasst. |

Einschränkungen im Arbeitsvertrag

Die Klägerin war langjährig im Bereich Finanz- und Börsenberichterstattung für die Beklagte tätig, die einen Nachrichtensender mit TV- und Onlineberichterstattung betreibt. Der Arbeitsvertrag schränkt die Möglichkeit von Nebentätigkeiten ein und sieht vor, dass zuvor eine Genehmigung erfolgen muss.

Abmahnung wegen Online-Börsenkolumne

Die Klägerin hat unter anderem am 29.9.2022 eine Online-Börsenkolumne für eine Tageszeitung verfasst, wegen der sie am 4.10.2022 abgemahnt wurde. Dennoch veröffentlichte die Klägerin dort am 1.1.2023 eine weitere Kolumne, aufgrund der die Beklagte die streitgegenständliche Kündigung aussprach.

Zuvor war die Klägerin auch vor dem ArbG Köln in einem einstweiligen Verfügungsverfahren unterlegen, in dem sie ihren Arbeitgeber verpflichten wollte, die Nebentätigkeit zum Verfassen einer wöchentlichen Kolumne zu genehmigen. Hier hatte das ArbG geurteilt, dass die begehrte Nebentätigkeit eine nicht genehmigungsfähige Konkurrenztätigkeit darstelle.

Arbeitsgericht bestätigt Kündigung

Das ArG Köln hat die Kündigung bestätigt. Bei der Online- Kolumne handele es sich um eine Wettbewerbstätigkeit, da sowohl der Arbeitgeber als auch der Zeitungsverlag Unternehmen sind, die sowohl im Bereich der TV- wie auch der Onlineberichterstattung aktiv seien.

Zudem betreffe die Börsenkolumne der Klägerin den fachlichen Kernbereich ihrer Tätigkeit für die Beklagte. Gerade in diesen Themen hat die Klägerin sich in der Vergangenheit eine große Reputation aufgebaut, mit der sie bislang für die Beklagte in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten ist. Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Wettbewerbstätigkeiten entfaltet, verstoße gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers. Dies könne eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.

Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar

Hier sei der Arbeitgeberin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Das Vertrauen der Beklagten in einen störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses sei nach den bewussten, fortgesetzten und groben Pflichtverletzungen der Klägerin gänzlich aufgebraucht. Quelle | ArbG Köln, Urteil vom 11.10.2023

Kündigungsschutzklage: Schlägerei im Linienbus führt zur Kündigung des Fahrers

| Das Arbeitsgericht (ArbG) Göttingen hat die Kündigungsschutzklage eines Busfahrers gegen die Göttinger Verkehrsbetriebe GmbH als unbegründet abgewiesen. Sein Verhalten in dem konkreten Fall sei eine schwerwiegende Pflichtverletzung gewesen. |

Fahrer schlägt Fahrgast: fristlose Kündigung

Der Kläger ist seit 25 Jahren bei der Beklagten beschäftigt und wurde im Sommer 2023 fristlos gekündigt. Die Beklagte hat dem Kläger vorgeworfen, dass dieser einen Fahrgast gewaltsam von seinem Sitz gezogen und aus dem Bus geworfen habe. Nachdem der Fahrgast auf den Boden gefallen und wieder aufgestanden war, soll der Kläger ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.

Der Kläger behauptete, dass der alkoholisierte Fahrgast eine junge Frau belästigt habe. Zudem habe er sich geweigert, einen Fahrausweis zu zeigen und ihn – den Kläger – beleidigt. Auf Aufforderung habe er den Bus nicht verlassen. Nach dem Rauswurf habe der Fahrgast mit einer Getränkedose in der Hand eine Bewegung auf ihn zu gemacht und sich ihm drohend genähert. Daraufhin habe er – der Kläger – im Affekt eine Abwehr-/Schlagbewegung vollführt.

Der Bus ist mit sechs Überwachungskameras ausgestattet. Das ArbG hat die Videoaufzeichnungen in Augenschein genommen. Darauf ist zu erkennen, dass die Vorwürfe der Beklagten im Wesentlichen zutreffen. Der Kläger hat den Fahrgast, nachdem dieser auf seine Ansprache und die Aufforderung, den Bus zu verlassen, nicht reagierte, vom Sitz gezogen, wodurch dieser noch im Bus hingefallen ist. Im Anschluss daran griff der Kläger den Fahrgast von hinten an der Kleidung, um ihn aus dem Bus zu befördern. Auf dem Bürgersteig ist der Fahrgast aufgestanden. Daraufhin hat der Kläger ihn in der Nähe des Halses an der Kleidung gepackt und mit der Faust ausgeholt. Ob er den Fahrgast getroffen hat, ist auf dem Video nicht eindeutig zu erkennen.

Ob der alkoholisierte Fahrgast zuvor andere Fahrgäste belästigt hatte, ließ sich über die Videoaufzeichnungen nicht feststellen. Im Vorfeld war eine junge Frau aufgestanden, da sie den Fahrgast offensichtlich als unangenehm empfunden hat. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befand sich diese aber nicht mehr in der Nähe.

Große Belastung durch schwierige Fahrgäste, aber Abmahnung nicht nötig

Nach Ansicht des Gerichts stellt das Verhalten des Klägers eine schwerwiegende Vertragspflichtverletzung dar. Dabei hat das Gericht nicht verkannt, dass schwierige Fahrgäste für Busfahrer eine große Belastung darstellen. Nachdem der Fahrgast den Bus nicht freiwillig verlassen wollte, hätte der Kläger aber die Leitstelle oder die Polizei anrufen können und müssen. Eine vorherige Abmahnung war aus der Sicht des Gerichts nicht erforderlich. Quelle | ArbG Göttingen, Urteil vom 23.1.2024

Fortbildungskosten: Eigenkündigung: Hinweis auf offene Kosten ist kein selbstständiges Schuldversprechen

Die im Kündigungsschreiben des Arbeitnehmers geäußerte Bitte, eine Rechnung über Fortbildungskosten zu erstellen, die der Arbeitgeber verauslagt hat, stellt ohne Hinzutreten weiterer Umstände kein selbstständiges Schuldversprechen oder abstraktes Schuldanerkenntnis dar. Hierauf wies das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hin. Das gelte auch, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig erklärt, es sei ihm bewusst, dass durch die Weiterbildung und die Vertragsvereinbarung noch Kosten offen seien.

Was war geschehen? Der Arbeitgeber hatte den Arbeitnehmer zu einer Fortbildung angemeldet, die dieser auch wahrnahm. Der Arbeitgeber trug die Kosten. Beide hatten jedoch u. a. vereinbart, dass der Arbeitnehmer, sollte er das Arbeitsverhältnis (hier: innerhalb von 24 Monaten) kündigen, die Fortbildungskosten (anteilig) zurückerstatten müsse. Das klagte der Arbeitgeber nun ein – vergeblich.

Das LAG: Ist der Arbeitnehmer aus personenbedingten Gründen bis zum Ablauf der Bleibefrist nicht mehr in der Lage, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachzukommen, hat er es auch nicht mehr in der Hand, den berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers zu entsprechen, die in die Fortbildung getätigten Investitionen nutzen zu können. Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer trotzdem an das Arbeitsverhältnis zu binden, lässt sich nicht an seinem Interesse an einer möglichst langfristigen Nutzung der einmal getätigten Investition festmachen.

Eine Rückzahlungsklausel in einer Fortbildungsvereinbarung muss, um nicht unangemessen benachteiligend zu sein, deshalb u.a. vorsehen, dass die Rückzahlungsverpflichtung entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis aus nicht vom Arbeitnehmer zu vertretenden personenbedingten Gründen, die bis zum Ablauf der Bleibedauer anhalten, vom Arbeitnehmer durch Ausspruch einer Kündigung oder aufgrund einer aus diesen Gründen geschlossenen Auflösungsvereinbarung beendet wird. Das war hier nicht der Fall. Der Arbeitnehmer musste daher nicht zahlen.

Quelle | LAG Hamm, Urteil vom 29.1.2021, 1 Sa 954/20

Außerordentliche Kündigung: Man sieht sich immer zweimal im Leben

Ein Arbeitnehmer hatte im Anschluss an ein Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber den Wunsch äußerte, sich von ihm trennen zu wollen, vom Unternehmensserver Daten in erheblichem Umfang gelöscht, nachdem er sich von einer Mitarbeiterin mit den Worten „man sieht sich immer zweimal im Leben“ verabschiedet hatte. Dies rechtfertigt die außerordentlich fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das sagt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg.

Ein Arbeitsverhältnis kann vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer es ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden kann, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Entscheidend ist die objektive Rechtslage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Der Kündigungsgrund muss sich in Zukunft nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken (Prognoseprinzip). Die Prüfung des wichtigen Grundes erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in zwei Stufen.

Stufe 1: Wichtiger Grund

Zunächst ist zu prüfen, ob ein Grund vorliegt, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Stufe 2: Interessenabwägung

Dann ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, die alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, und aus der sich das Überwiegen der Interessen des Kündigenden ergeben muss.

Beachten Sie | Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.

Wichtiger Grund lag vor

Das unbefugte, vorsätzliche Löschen betrieblicher Daten auf EDV-Anlagen des Arbeitgebers sah das LAG ebenso wie das Vernichten von Verwaltungsvorgängen als wichtigen Grund in o. g. Sinne an. Dabei komme es nicht maßgeblich darauf an, ob sich der Arbeitnehmer durch das Löschen von Daten strafbar gemacht hat, und auch nicht darauf, ob und mit welchem Aufwand ein Teil dieser gelöschten Daten wieder hergestellt werden konnte oder darauf, ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber für den weiteren Geschäftsablauf diese Daten tatsächlich benötigt. Das völlig pauschale Vorbringen des Arbeitnehmers, er habe nur „aufgeräumt“ und Dateien gelöscht, die nicht relevant bzw. ohnehin an anderen Speicherorten bereits vorhanden seien, bewertete das LAG als unbeachtlich.

Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers

Die Interessenabwägung ließ das LAG eindeutig zugunsten des Arbeitgebers ausfallen. Besonders schwer fiel dabei ins Gewicht, dass der Arbeitnehmer die über 3.300 Dateien mit einem Umfang von 7,48 Gigabyte nicht versehentlich gelöscht, sondern dies ganz bewusst, also vorsätzlich getan hatte, nachdem die Beklagte ihm mitgeteilt hatte, das Arbeitsverhältnis durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags beenden zu wollen. Auch angesichts dieses Verhaltens sei zu befürchten, dass der Kläger in anderen möglichen Konfliktsituationen in ähnlicher Weise reagieren wird.

Quelle | LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.9.2020, 17 Sa 8/20

Kündigungsschutzklage: Erst die Abmahnung, dann die Kündigung

Ein Arbeitgeber muss regelmäßig erst einmal abmahnen, bevor er das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen kann. Dies gilt insbesondere, wenn der betroffene Arbeitnehmer nur einmal unentschuldigt gefehlt hat und zwar auch, wenn dies bereits am dritten Arbeitstag passiert. Zu diesem Ergebnis kam jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein.

Das war geschehen

Der Arbeitgeber hatte die Arbeitnehmerin zum 1.8.2019 eingestellt. Nachdem sie am 1. und 2.8. vor dem Wochenende gearbeitet hatte, blieb sie am 5. und 6.8. vereinbarungsgemäß zwecks Kindergarten-Eingewöhnung ihres Sohnes der Arbeit fern. Mit Schreiben vom 5.8. kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis zum 12.8.2019. Am 7.8. fehlte die Arbeitnehmerin unentschuldigt. Für den 8. und 9.8. liegen Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vor. Mit E-Mail vom 8.8. kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Kündigung ging der Arbeitnehmerin am 9.8. schriftlich zu.

Kündigungsschutzklage

Mit ihrer Kündigungsschutzklage wandte sich die Arbeitnehmerin nur noch gegen die zweite, fristlose Kündigung und verlangte, die gesetzliche Kündigungsfrist hinsichtlich der ersten Kündigung einzuhalten. Der Arbeitgeber hielt die fristlose Kündigung für wirksam. Die Arbeitnehmerin habe gerade einmal zwei Tage gearbeitet und dann unentschuldigt gefehlt. Es handele sich um ein „gescheitertes Arbeitsverhältnis“. Hier sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen.

Fristlose Kündigung unwirksam

Das LAG hielt die außerordentliche fristlose Kündigung für unwirksam. Eine vorherige Abmahnung sei notwendig. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmerin trotz Kündigungsandrohung der Arbeit weiter unentschuldigt ferngeblieben wäre. Ihre Pflichtverletzung sei auch nicht derart schwerwiegend, dass eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich gewesen wäre. Anders als der Arbeitgeber meint, müsse er die zweiwöchige gesetzliche Kündigungsfrist in der Probezeit einhalten. Die kürzere Frist im Arbeitsvertrag sei unwirksam. Es sei nicht gleichheitswidrig, wenn lediglich den Tarifvertragsparteien die Möglichkeit der Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen zustehe. Deren Verhandlungsparität führe zu einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Eine vergleichbare Parität bestehe zwischen den Parteien des Individualarbeitsvertrags nicht.

Quelle | LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3.6.2020, 1 Sa 72/20

Fristlose Kündigung: Krankgeschrieben an Party teilgenommen

Meldet sich eine Arbeitnehmerin bei ihrem Arbeitgeber für zwei Tage krank und nimmt an einer „Wild Night Ibiza Party“ teil, ist von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Eine fristlose Kündigung kann dann laut dem Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg gerechtfertigt sein.

Die Arbeitnehmerin war als Pflegeassistentin beschäftigt. Sie war für einen Samstag und einen Sonntag zum Spätdienst eingeteilt. Hierfür meldete sie sich krank. In dieser Nacht nahm sie an einem bekannten Veranstaltungsort an der „White Night Ibiza Party“ teil. Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage. Das ArbG Siegburg wies die Klage ab und bestätigte die fristlose Kündigung. Der wichtige Kündigungsgrund liege darin, dass die Klägerin über ihre Erkrankung getäuscht und das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört habe. Sie hatte am Tag ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bester Laune und ersichtlich bester Gesundheit an der Party teilgenommen, während sie sich arbeitsunfähig gemeldet hatte – dokumentiert durch Fotos. Der Beweiswert der AU-Bescheinigung war somit erschüttert. Die Erklärung, sie habe an einer zweitägigen psychischen Erkrankung gelitten, die vom Arzt nachträglich festgestellt worden sei, glaubte das Gericht nicht.

Quelle | ArbG Siegburg, Urteil vom 16.12.2022