Schlagwort: Beamte

Schadenersatz: Verzögerte Reaktivierung eines vorzeitig pensionierten Beamten

Wird ein wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig zur Ruhe gesetzter Beamter wieder dienstfähig und beantragt er seine Reaktivierung (erneute Berufung in das aktive Beamtenverhältnis), muss der Dienstherr dem Antrag entsprechen, sofern dem nicht ausnahmsweise zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. In diesem Rahmen muss der Dienstherr nur prüfen, ob es an jeglicher zumutbaren Verwendungsmöglichkeit fehlt. Dagegen darf er die Reaktivierung nicht so lange hinausschieben, bis er tatsächlich einen dem Statusamt des Beamten entsprechenden Dienstposten gefunden hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Das war geschehen

Der Kläger, ein Studiendirektor, wurde wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt. Im darauffolgenden Jahr stellte der Dienstherr im Anschluss an eine amtsärztliche Untersuchung die volle Wiederherstellung der Dienstfähigkeit fest. Knapp sieben Monate später – nachdem für ihn eine Einsatzschule gefunden war – wurde der Studiendirektor reaktiviert. Er begehrt Schadenersatz in Höhe der Differenz zwischen den Ruhestandsbezügen und der Besoldung für den Zeitraum zwischen der Feststellung der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit und der Reaktivierung. Sein Begehren ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben.

Bundesverwaltungsgericht: Voraussetzungen für Reaktivierung des Ruhestandsbeamten

Das BVerwG hat seine Revision zurückgewiesen. Die Reaktivierung eines Ruhestandsbeamten setzt einen – nicht notwendig schriftlichen – Antrag des Beamten sowie die auf einem ärztlichen Gutachten basierende Feststellung voraus, dass die Dienstfähigkeit des Beamten wiederhergestellt ist. In diesem Verfahren ist ferner nur noch zu prüfen, ob es den Dienstherrn vor nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten stellen wird, für den zu reaktivierenden Beamten durch organisatorische Änderungen einen geeigneten Dienstposten zu schaffen. Dagegen hängt die Reaktivierung nicht davon ab, dass für den Beamten auch ein seinem Statusamt entsprechender Dienstposten gefunden wird.

Kein Verschulden beim Land

Dass im vorliegenden Fall das beklagte Land hiervon nicht ausgegangen ist, kann ihm im Rahmen eines beamtenrechtlichen Schadenersatzanspruchs nicht als schuldhaft angelastet werden. Soweit in der Rechtsprechung und in der Literatur überhaupt Ausführungen zum Prüfprogramm in derartigen Fällen gemacht worden waren, ergaben sich hieraus keine eindeutigen und zugleich dem dargestellten Maßstab entsprechende Anforderungen.

Quelle | BVerwG, Urteil vom 15.11.2022

Öffentlicher Dienst: Rückentattoo hindert Bewerber, Polizist zu werden

Das Land Rheinland-Pfalz darf einen Bewerber für den Polizeidienst ablehnen, der über den gesamten oberen Rückenbereich eine Tätowierung mit den Worten „Loyalty, Honor, Respect, Family“ trägt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschieden.

Das war geschehen

Der Bewerber hatte sich um Einstellung in den gehobenen Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz beworben. Das Land lehnte seine Einstellung jedoch wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung ab. Die Tätowierung mit den Begriffen im Zusammenhang mit der gewählten Schriftart „Old English“ vermittele den Gesamteindruck eines „Ehrenkodex“, der über den Bedeutungsgehalt der einzelnen tätowierten Begriffe hinausreiche und inhaltlich mit den Werten einer „modernen Bürgerpolizei“ nicht in Einklang gebracht werden könne. Hiergegen hat der Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz beim VG ersucht, mit dem er die Einstellung in den Polizeidienst begehrt. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, es sei willkürlich, aufgrund einer – nicht sichtbaren – Tätowierung auf seine Nichteignung zu schließen.

Verwaltungsgericht: Zweifel des Arbeitgebers an charakterlicher Eignung

Diesem Antrag hat das VG nicht entsprochen. Der Bewerber habe keinen Anspruch auf Einstellung in den gehobenen Polizeidienst. Nach den maßgeblichen Vorschriften seien Einstellungen in ein öffentliches Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, wobei dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zustehe, der nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Die erforderliche charakterliche Eignung des Bewerbers habe das Land zutreffend verneint, denn dieser habe seine Zweifel an der charakterlichen Nichteignung des Bewerbers plausibel, willkürfrei und ohne sachwidrige Erwägungen dargelegt.

Wertesystem des Bewerbers unvereinbar mit Pflicht eines Polizeibeamten

Zu Recht habe das Land ausgeführt, dass die in der Tätowierung enthaltenen Begriffe und insbesondere die Voranstellung der Begriffe „Loyalität“ und „Ehre“ an erster und zweiter Stelle bei einem unbefangenen Betrachter den Verdacht nahelegen müssen, dass diese Werte für den Antragsteller eine besondere Bedeutung haben und hieraus der Schluss gezogen werden könne, dass dieser ein archaisches und überkommenes Wertesystem vertrete, in welchem der Loyalität zu einer bestimmten Person oder Personengruppe und der Aufrechterhaltung einer wie auch immer gearteten „Ehre“ eine übersteigerte Bedeutung zukomme. Eine solche persönliche Einstellung sei jedoch mit der Pflicht eines Polizeibeamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten unvereinbar.

Bewerber gab keine plausible Erklärung ab

Im Fall des Bewerbers könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser aufgrund seines Wertesystems der „Loyalität“ und „Ehre“ eine höhere Bedeutung als den Freiheitsrechten der Bürger zumesse, zumal dieser nicht hinreichend dargelegt habe, auf welchen Bezugspunkt sich diese Attribute beziehen. Aufgrund der unplausiblen Erklärung zu den Hintergründen der Tätowierung komme eine andere Bewertung als die vom Land angenommene nicht in Betracht.

Quelle | VG Trier, Beschluss vom 27.9.2022

Gleichheitsgrundsatz: Grundschullehrer haben keinen Anspruch, wie Studienräte besoldet zu werden

Erhalten Grundschullehrer nicht die gleiche Besoldung wie Studienräte, ist ihre Besoldung nicht zu niedrig. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden und damit die Klagen zweier Grundschullehrerinnen abgewiesen.

Die Klägerinnen sind als Beamtinnen auf Lebenszeit in die Besoldungsgruppe A 12 eingestuft. Sie begehren die Einstufung in die mit einem höheren Grundgehalt ausgewiesene Besoldungsgruppe A 13 sowie die Gewährung einer Studienratszulage. Sie sind der Auffassung, dass sowohl ihre Ausbildungen als auch ihre ausgeübten Tätigkeiten sich von denen der mit A 13 zuzüglich einer Studienratszulage besoldeten Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen nicht oder jedenfalls nicht mehr so wesentlich unterscheiden, dass die ungleiche Besoldungshöhe im Eingangsamt berechtigt sei.

Hintergrund der Klageverfahren ist die Änderung der Lehrerausbildung in Nordrhein-Westfalen, die seit Inkrafttreten des Lehrerausbildungsgesetzes (LABG) 2009 für alle Lehramtsbefähigungen den Abschluss eines Bachelor- und eines Masterstudiengangs sowie die erfolgreiche Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes verlangt und in weiten Teilen angeglichen wurde. Eine der Klägerinnen absolvierte ihre Ausbildung nach den Regelungen des LABG 2009. Die andere Klägerin studierte im Rahmen des zuvor durchgeführten Modellversuchs „Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“, in dem die Angleichung noch nicht vollständig umgesetzt war.

Die Kammer hat die Klagen abgewiesen. Die Besoldung sei nicht zu niedrig bemessen. Die Einstufungen der Lehrerinnen in die Besoldungsgruppe A 12 stehe mit dem Verfassungsrecht in Einklang. Die Verknüpfung der Funktion der Lehrer mit der Lehramtsbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen mit einem (Einstiegs-)Amt der Besoldungsgruppe A 12 sei wegen des weiten Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber in diesem Bereich eröffnet sei, nicht zu beanstanden. Insbesondere sei der Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt, weil trotz der (durch das LABG 2009) weitgehend angeglichenen Bildungsvoraussetzungen für die verschiedenen Lehrämter inhaltliche Unterschiede zwischen den Lehramtsbefähigungen bestünden. Zudem unterscheide sich der Berufsalltag von Lehrern mit der Lehramtsbefähigung für Grund-, Haupt- und Realschulen von dem der Studienräte mit der Befähigung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen in einem Maße, das die abweichende Einstufung in die Besoldungsgruppen A 12 und A 13 als sachgerecht rechtfertige und nicht willkürlich sei. Im Rahmen des Modellversuchs „Gestufte Studiengänge in der Lehrerausbildung“ habe es zudem maßgebliche Unterschiede in der Ausbildung gegeben.

Gegen die Entscheidung kann die Berufung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) eingelegt werden, die das VG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat.

Quelle | VG Düsseldorf, Urteile vom 13.5.2022

Ruhestandsregelung: Lehrkraft ist nur, wer auch an der Schule unterrichtet

Eine Lehrerin, die ausschließlich als Referentin in der Schulverwaltung tätig ist und daher nicht an der Schule unterrichtet, hat keinen Anspruch darauf, früher in den Ruhestand zu gehen, als die übrigen Beamten des Landes. Für sie gilt die allgemeine Regelaltersgrenze (Ablauf des Monats, in dem das 67. Lebensjahre vollendet wird). Die für Lehrkräfte seit dem Jahr 2015 nach dem Landesbeamtengesetz geltende Privilegierung, dass diese bereits mit dem Ende des Schuljahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand treten, gilt für sie nicht. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz und bestätigte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Trier.

Das war geschehen

Die Klägerin war ursprünglich als Realschullehrerin im Schuldienst des Landes tätig. Nachdem sie im Jahr 2011 für schuldienstunfähig befunden worden war, erfolgte zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand zunächst ihre Abordnung und später Versetzung als Referentin in den Verwaltungsdienst bei der Schulbehörde. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass sie früher als nach der allgemeinen Regelaltersgrenze in den Ruhestand trete. Sie machte geltend, da sie weiterhin die Dienstbezeichnung „Realschullehrerin“ führe und dieses Statusamt innehabe, müsse sie unabhängig von ihrer konkreten Verwendung auch in den Genuss der speziellen und vorgezogenen Altersgrenze kommen, die für Lehrkräfte gelte.

Verwaltungsgericht: Klageabweisung

Das VG wies die Klage ab und bestätigte die Auffassung der Behörde, wonach unter den Begriff der Lehrkraft nur solche Lehrer fallen, die auch tatsächlich aktiv im Schuldienst eingesetzt sind. Den hiergegen gerichteten Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung lehnte das OVG ab.

Lehrkraft ist Lehrer nicht gleichzusetzen

Bereits durch die Verwendung des Begriffs „Lehrkraft“ statt „Lehrer“ im Landesbeamtengesetz (§ 37 Abs. 1 S. 4 LBG) habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die besondere Altersgrenze nur für diejenigen Lehrer gelten solle, die tatsächlich an der Schule unterrichteten. Seinem Sinn und Zweck nach wolle die Vorschrift in erster Linie sicherstellen, dass Lehrkräfte nicht mitten im Schuljahr ausschieden und es so zu für die Schüler nachteiligen Wechseln komme. Es werde derart in erster Linie organisatorischen und pädagogischen Bedürfnissen der Arbeit an der Schule Rechnung getragen.

Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Gesetzgeber im Jahr 2015 die Altersgrenze für Lehrkräfte lediglich um ein Jahr und nicht wie für die übrigen Landesbeamten stufenweise um zwei Jahre angehoben habe. Dafür, dass der Gesetzgeber diese Privilegierung auch auf Lehrer erstrecken wollte, die tatsächlich nicht im Schuldienst eingesetzt seien, gebe es im Gesetz und auch in der Gesetzesbegründung keinerlei Anhaltspunkte.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29.11.2022,

Dienstrecht: Beamtin hat keinen Anspruch auf Sabbatjahr

Kann die einjährige Freistellung eines Beamten mit zumutbaren personellen und organisatorischen Maßnahmen nicht kompensiert werden und ist eine ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung im Tätigkeitsbereich des Beamten ohne diesen nicht mehr gewährleistet, kann der Dienstherr das Sabbatjahr ablehnen. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz.

Ein Jahr Freistellung

Die im Dienst des beklagten Landes Rheinland-Pfalz stehende Klägerin beantragte beim Beklagten, ihr Teilzeitbeschäftigung nach dem sog. Sabbatjahr-Modell zu bewilligen. Sie beabsichtigte, ihre Arbeitszeit von Mai 2023 bis April 2026 anzusparen, um von Mai 2026 bis April 2027 freigestellt werden zu können. Dies lehnte der Beklagte unter Hinweis auf entgegenstehende dienstliche Belange ab. Mangels Personalersatzes wäre während der Freistellung der Klägerin eine sachgerechte Aufgabenerfüllung in ihrem Aufgabenbereich nicht gewährleistet. Eine interne Vertretung scheide aufgrund der ohnehin bereits bestehenden Personalunterdeckung und der anhaltend hohen Arbeitsbelastung aus.

Weder Ersatz noch Vertretung möglich

Der Beklagte habe den Antrag der Klägerin auf ein Sabbatjahr zu Recht wegen entgegenstehender dienstlicher Gründe abgelehnt, so das VG. Zwar sei die Vertretungsnotwendigkeit als solche kein entgegenstehender dienstlicher Grund, weil sich dies als allgemeine, typischerweise mit der Teilzeitbeschäftigung verbundene zusätzliche Anforderung an Organisation und Personalwirtschaft darstelle. Jedoch sei der Beklagte im Rahmen des ihm zustehenden Organisationsermessens zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass während der Freistellungsphase der Klägerin mangels Personalersatzes und Möglichkeit interner Vertretung die Beeinträchtigung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs im Tätigkeitsbereich der Klägerin drohe. Ihre Freistellung würde zu einer Verschärfung der ohnehin schon bestehenden personellen Engpässe und damit zu einer Gefährdung der adäquaten und reibungslosen Aufgabenerfüllung im Tätigkeitsbereich der Klägerin führen. Dies könne nicht hingenommen werden, weil den Beklagten nicht nur eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamtinnen und Beamten, sondern auch die im öffentlichen Interesse liegende Pflicht zur sachgemäßen und reibungslosen Erfüllung der dienstlichen Aufgaben treffe.

Keine Pflicht des Dienstherrn, individuelle Arbeitszeit zu ermöglichen

Soweit die Klägerin geltend mache, der Beklagte könne die befürchtete Personaldeckung durch eine vorausschauende Personalplanung kompensieren, greife sie in unzulässiger Weise in das Organisationsermessen ihres Dienstherrn ein. Der Dienstherr sei unter keinem denkbaren Gesichtspunkt verpflichtet, die Dienststellen des Landes derart personell auszustatten, dass Wünschen der Beamtinnen und Beamten nach individueller Gestaltung ihrer Arbeitszeit entsprochen werden könne.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Quelle | VG Koblenz, Urteil vom 28.2.

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