Schlagwort: Polizei

Wachpolizisten: Vergütung von Umkleide-, Rüst- und Wegezeiten

Das An- und Ablegen einer auf Weisung des Arbeitgebers während der Tätigkeit als Wachpolizist zu tragenden Uniform und persönlichen Schutzausrüstung nebst Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer die dienstlich zur Verfügung gestellten Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht nutzt, sondern sich im privaten Bereich umkleidet und rüstet. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte den Klagen von zwei beim beklagten Land angestellten Wachpolizisten im Zentralen Objektschutz zum Teil stattgegeben und Vergütung für die Umkleidezeiten zugesprochen. Die auf vollständige Vergütung der Wegezeiten gerichteten Klagen wurden dagegen im Wesentlichen abgewiesen. Nur soweit der eine Kläger einen Umweg von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte zurückzulegen hatte, stellte das LAG die Vergütungspflicht fest.

Die Revisionen der Kläger hatten vor dem BAG keinen, die Revisionen des beklagen Landes nur zum Teil Erfolg: Das Umkleiden und Rüsten mit einer besonders auffälligen Dienstkleidung, persönlichen Schutzausrüstung und Dienstwaffe ist keine zu vergütende Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer eine dienstlich zur Verfügung gestellte Umkleide- und Aufbewahrungsmöglichkeit nicht nutzt, sondern für die Verrichtung dieser Tätigkeiten seinen privaten Wohnbereich wählt. Ebenfalls nicht vergütungspflichtig ist die für das Zurücklegen des Wegs zur Arbeit von der Wohnung zum Einsatzort und zurück aufgewandte Zeit, denn der Arbeitsweg zählt zur privaten Lebensführung.

Dagegen ist die für einen Umweg zum Aufsuchen des dienstlichen Waffenschließfachs erforderliche Zeit zu vergüten. Es handelt sich um eine fremdnützige Zusammenhangstätigkeit.

Quelle | BAG, Urteil vom 31.3.2021, 5 AZR 292/20, PM Nr. 7/21

Öffentlicher Dienst: Rückentattoo hindert Bewerber, Polizist zu werden

Das Land Rheinland-Pfalz darf einen Bewerber für den Polizeidienst ablehnen, der über den gesamten oberen Rückenbereich eine Tätowierung mit den Worten „Loyalty, Honor, Respect, Family“ trägt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschieden.

Das war geschehen

Der Bewerber hatte sich um Einstellung in den gehobenen Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz beworben. Das Land lehnte seine Einstellung jedoch wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung ab. Die Tätowierung mit den Begriffen im Zusammenhang mit der gewählten Schriftart „Old English“ vermittele den Gesamteindruck eines „Ehrenkodex“, der über den Bedeutungsgehalt der einzelnen tätowierten Begriffe hinausreiche und inhaltlich mit den Werten einer „modernen Bürgerpolizei“ nicht in Einklang gebracht werden könne. Hiergegen hat der Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz beim VG ersucht, mit dem er die Einstellung in den Polizeidienst begehrt. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, es sei willkürlich, aufgrund einer – nicht sichtbaren – Tätowierung auf seine Nichteignung zu schließen.

Verwaltungsgericht: Zweifel des Arbeitgebers an charakterlicher Eignung

Diesem Antrag hat das VG nicht entsprochen. Der Bewerber habe keinen Anspruch auf Einstellung in den gehobenen Polizeidienst. Nach den maßgeblichen Vorschriften seien Einstellungen in ein öffentliches Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, wobei dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zustehe, der nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Die erforderliche charakterliche Eignung des Bewerbers habe das Land zutreffend verneint, denn dieser habe seine Zweifel an der charakterlichen Nichteignung des Bewerbers plausibel, willkürfrei und ohne sachwidrige Erwägungen dargelegt.

Wertesystem des Bewerbers unvereinbar mit Pflicht eines Polizeibeamten

Zu Recht habe das Land ausgeführt, dass die in der Tätowierung enthaltenen Begriffe und insbesondere die Voranstellung der Begriffe „Loyalität“ und „Ehre“ an erster und zweiter Stelle bei einem unbefangenen Betrachter den Verdacht nahelegen müssen, dass diese Werte für den Antragsteller eine besondere Bedeutung haben und hieraus der Schluss gezogen werden könne, dass dieser ein archaisches und überkommenes Wertesystem vertrete, in welchem der Loyalität zu einer bestimmten Person oder Personengruppe und der Aufrechterhaltung einer wie auch immer gearteten „Ehre“ eine übersteigerte Bedeutung zukomme. Eine solche persönliche Einstellung sei jedoch mit der Pflicht eines Polizeibeamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten unvereinbar.

Bewerber gab keine plausible Erklärung ab

Im Fall des Bewerbers könne nicht ausgeschlossen werden, dass dieser aufgrund seines Wertesystems der „Loyalität“ und „Ehre“ eine höhere Bedeutung als den Freiheitsrechten der Bürger zumesse, zumal dieser nicht hinreichend dargelegt habe, auf welchen Bezugspunkt sich diese Attribute beziehen. Aufgrund der unplausiblen Erklärung zu den Hintergründen der Tätowierung komme eine andere Bewertung als die vom Land angenommene nicht in Betracht.

Quelle | VG Trier, Beschluss vom 27.9.2022

Entfernung aus dem Dienst: JVA-Beamter und Drogenbesitz: Das geht gar nicht!

Ein 38-jähriger Beamter einer Justizvollzugsanstalt (JVA), der wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zuvor vom Strafgericht rechtskräftig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz und betonte dabei auch eine abschreckende Wirkung seines Urteils.

Damit bestätigte der für Landesbeamte zuständige Disziplinarsenat die erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Trier, das diese Disziplinarmaßnahme gegen den Beamten bereits in erster Instanz ausgesprochen hatte. Maßgeblich für die Zurückweisung der Berufung des Beamten war für den Senat der durch die Straftat des Beamten eingetretene Vertrauensverlust.

Dem stünden die von ihm geltend gemachten Milderungsgründe nicht entgegen. Vielmehr sei auch unter Berücksichtigung dieser Gründe das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Amtsführung des JVA-Beamten irreversibel zerstört. Die Dienstentfernung sei danach unumgänglich, auch um die Bediensteten im Justizvollzug wirksam an ihre Pflichten zu erinnern und von einer Nachahmung abzuhalten.

Quelle | OVG Koblenz, Urteil vom 2.11.2022

Ungenehmigte Nebentätigkeit: Polizeibeamter aus dem Dienst entfernt

Ein Polizeibeamter, der über mehr als ein Jahr krankheitsbedingt keinen Dienst verrichtet, zugleich aber in diesem Zeitraum einer nicht genehmigten Nebentätigkeit nachgeht, ist aus dem Dienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz.

Disziplinarklage in erster Instanz erfolgreich

Dem Beamten, der als Polizeioberkommissar zuletzt bei einer Polizeiinspektion des Landes eingesetzt war, wurde im Jahr 2015 eine auf ein Jahr befristete Nebentätigkeitsgenehmigung als Ausschankhilfe in dem von seiner Familie betriebenen Restaurant erteilt. In der Folgezeit beantragte der Beamte keine weiteren Nebentätigkeitsgenehmigungen. Seit dem Frühjahr 2017 verrichtete er krankheitsbedingt keinen Dienst mehr auf seiner Polizeiinspektion. Nachdem der Verdacht aufgekommen war, dass der Beamte weiterhin und trotz Erkrankung einer Nebentätigkeit nachgehe, ermittelte das Land als Dienstherr im Umfeld des Lokals und erhob auf der Grundlage der erlangten Erkenntnisse Disziplinarklage.

Auf diese Klage hat die landesweit zuständige Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts (VG) Trier den Beamten aus dem Dienst entfernt, weil er gegen das als Kernpflicht von Beamten ausgestaltete Gebot zum vollen persönlichen Einsatz im Beruf verstoßen habe. Zudem habe er durch die offen für jedermann wahrnehmbare Tätigkeit im Lokal die ihm obliegende Verpflichtung verletzt, sich außerhalb des Dienstes in einer Weise zu verhalten, die der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf und das Ansehen der Polizei erfordern.

Das sagt die Berufungsinstanz

Mit seiner gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil eingelegten Berufung machte der Beamte geltend, er habe lediglich sporadisch und zudem unentgeltlich im Restaurantbetrieb seiner Familie mitgeholfen; dies stelle keine Nebentätigkeit im Sinne des Beamtenrechts dar. Außerdem sei ihm geraten worden, wegen einer Depression „unter die Leute zu gehen“. Das OVG wies nach einer Beweisaufnahme, bei der u. a. mehrere Gäste des Lokals und die mit den Ermittlungsmaßnahmen betrauten Polizeibeamten vernommen und der Beamte angehört wurden, die Berufung zurück.

Es stand danach zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich der Beamte nicht lediglich bei seiner Familie im Lokal aufgehalten habe, sondern dort vielmehr auch einer Nebentätigkeit nachgegangen sei, obwohl er über Monate hinweg krankgeschrieben gewesen sei.

Schweres Dienstvergehen

Hiervon ausgehend teile das Gericht die Rechtsauffassung der Vorinstanz, dass der Beamte ein schweres Dienstvergehen begangen habe, das seine Entfernung aus dem Dienst erfordere. Für einen Beamten, der sich über einen erheblichen Zeitraum hinweg kontinuierlich und bewusst über das Nebentätigkeitsrecht hinwegsetze, könne die Allgemeinheit berechtigterweise kein Verständnis aufbringen.

Quelle | OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.11.2021, 3 A 10118/21.OVG,

Fehlverhalten im Dienst: Tritte gegen am Boden Liegenden: Entlassung eines Polizisten auf Probe

Ein Polizeibeamter auf Probe darf nach Tritten gegen einen am Boden liegenden und fixierten Tatverdächtigen bereits vor Ablauf der regulären Probezeit aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. Dies entschied jetzt das Verwaltungsgericht (VG) Mainz.

Das war geschehen

Der 25-jährige Antragsteller wurde nach Abschluss der Anwärterzeit zum Mai 2018 als Polizeivollzugsbediensteter in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Im Mai 2019 fuhr ein Fahrzeug im Rahmen einer Verfolgungsfahrt auf den Streifenwagen auf, in dem der Antragsteller saß. Nachdem andere Polizeibeamte die beiden Personen aus dem Tatfahrzeug zu Boden gebracht und fixiert hatten, trat der Antragsteller auf einen der Tatverdächtigen mehrfach ein. Darauf erklärte das Land Rheinland-Pfalz mit sofortiger Wirkung die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.

Mit seinem Eilrechtsantrag begehrte der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entlassungsentscheidung wiederherzustellen. Das VG lehnte den Eilantrag ab.

So argumentiert das Verwaltungsgericht

Ein Beamter auf Probe könne entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewähre. Eine Bewährung setze voraus, dass der Probebeamte nach seiner Eignung und Befähigung voraussichtlich den Anforderungen gerecht werde, die mit einem Beamtenstatus auf Lebenszeit verbunden seien. Vorliegend seien schon angesichts des körperlichen Angriffs auf einen bereits gefesselten Tatverdächtigen ernsthafte Zweifel des Dienstherrn an der charakterlichen Eignung des Antragstellers berechtigt. Das Fehlverhalten, das in einer Videoaufnahme dokumentiert sei, stelle sich als so gravierend dar, dass das für den Polizeivollzugsdienst unabdingbar erforderliche Vertrauen in eine zukünftige ordnungsgemäße, an rechtsstaatlichen Regeln ausgerichtete Amtsführung durch den Antragsteller nachhaltig zerstört sei.

Mangelnde Bewährung

Deshalb komme es nicht mehr darauf an, ob auch aus anderen Gründen Bedenken an der charakterlichen Eignung des Antragstellers oder an seiner dienstlichen Befähigung bestünden. Stehe eine mangelnde Bewährung fest, dürfe eine Entlassung auch bereits vor Ablauf der Probezeit ausgesprochen werden.

Quelle | VG Mainz, Beschluss vom 13.10.2020

Bewerbungsabsage: Verfassungsfeindliche Chatnachrichten können Einstellung in die Polizei verhindern

Ein Bewerber für die Polizei, der in privaten Chatnachrichten verfassungsfeindliche Symbole empfangen und versendet hat, darf wegen fehlender charakterlicher Eignung abgelehnt werden. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Berlin jetzt entschieden.

Verfassungsfeindliche Symbole auf dem Handy

Der im Jahr 2000 geborene Kläger bewarb sich 2022 für die Einstellung in den Berliner Polizeidienst. Im Rahmen eines – später wegen nicht ausreichenden Tatverdachts eingestellten – Ermittlungsverfahrens wurden auf seinem Handy mehrere Chat-Verläufe sichergestellt, in denen er drei Bilder mit verfassungsfeindlichen Symbolen empfangen und diese an mindestens drei weitere Personen weitergeleitet hatte. Bild 1 und 2 zeigen Adolf Hitler, Bild 3 zeigt eine männliche Person mit schwarzer Hautfarbe, welche ein T-Shirt mit einem Hakenkreuz trägt. Die Polizei lehnte die Bewerbung des Klägers ab.

Bewerbung zu Recht abgelehnt

Das VG hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Polizei habe aufgrund des mehrfachen kommentarlosen Versendens verfassungsfeindlicher Symbole über den Messenger-Dienst WhatsApp die charakterliche Eignung des Klägers für den Polizeiberuf verneinen dürfen. Aus dem Weiterleiten der rassistischen und den Holocaust verharmlosenden Bilder könne zwar noch keine rechtsradikale Überzeugung des Klägers abgeleitet werden. Für die Ablehnung der Bewerbung sei aber bereits das unreflektierte, jedoch bewusste Versenden der Bilder mit menschenverachtenden und antisemitischen Bezügen ausreichend.

Besonders hohe Anforderungen an Polizeibedienstete

An Polizisten dürften besonders hohe Anforderungen an die charakterliche Stabilität gestellt werden, weil sie sich jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzen und Menschen jeglicher Herkunft unabhängig von ihrer Religion achten und schützen müssten. Unerheblich sei, ob das Versenden der Bilder strafrechtlich relevant sei. Denn der Kläger habe nicht erkennen lassen, dass er sein nur neun Monate vor der Bewerbung liegendes Fehlverhalten reflektiert, das Unrecht erkannt und daraus Schlüsse für die Zukunft gezogen habe.

Quelle | VG Berlin, Urteil vom 21.6.2023

Disziplinarmaßnahmen bei der Polizei: Vorläufige Dienstenthebung nach Weitergabe von Dienstgeheimnissen

Wenn ein Polizeibeamter Dienstgeheimnisse an die Presse weitergibt, muss er mit der vorläufigen Enthebung aus dem Dienst und mit späterer Entfernung rechnen, so das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig, weil es sich um ein schwerwiegendes Dienstvergehen handelt.

Im vorliegenden Fall bestand für das Gericht hinreichender Tatverdacht, dass ein Polizeibeamter Informationen bezüglich der Entlassung eines als gefährlich eingestuften Strafgefangenen und die in diesem Zusammenhang getroffenen Schutzmaßnahmen sowie Informationen bezüglich einer bevorstehenden Entlassung eines Polizeianwärters unberechtigt an einen Zeitungsredakteur weitergegeben hatte. Dieser hatte die Informationen anschließend veröffentlicht.

Das OVG hat damit die Entscheidung des Innenministeriums wie ich finde zu Recht bestätigt und einen Polizeioberkommissar und ehemaligen stellvertretenden Landesvorsitzenden und Pressesprecher einer Polizeigewerkschaft vorläufig des Dienstes enthoben.

Da die genannten Handlungen strafrechtlich mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bewehrt seien, sei disziplinarrechtlich auch die Höchstmaßnahme – Entfernung aus dem Dienst – möglich und im konkreten Fall auch überwiegend wahrscheinlich.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle | OVG Schleswig, Beschluss vom 21.8.2020, Az. 14 MB 1/20

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