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Schlagwort: Wahlvorstand

Formerfordernis: Falsch gefaltete Stimmzettel bei Betriebsratswahl ungültig

Auch bei Betriebsratswahlen gibt es klare Regeln, die eingehalten werden müssen. Das zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Frankfurt a. M. Das Gericht hob hervor, wie wichtig auch scheinbare Kleinigkeiten sein können – etwa die richtige Faltung des Stimmzettels. Ein falsch gefalteter Stimmzettel kann zur Ungültigkeit der Stimmabgabe führen.

Betriebsratswahl

In einem Eisenbahnunternehmen fand eine Betriebsratswahl statt. Ein Teil der Wahlberechtigten nahm an der Wahl per Briefwahl teil. Dabei kam es bei vier Stimmzetteln zu einem Fehler: Die Stimmzettel waren so gefaltet, dass die Schrift nach außen sichtbar war.

Dies verstößt gegen die Vorgaben der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (hier:  § 25 S. 1 Nr. 1 WO-BetrVG), wonach der Stimmzettel so zu falten ist, dass die Stimmabgabe erst nach vollständiger Entfaltung erkennbar ist. Der Wahlvorstand erklärte diese Stimmen für ungültig, woraufhin die Wahl angefochten wurde.

Gericht: Falsche Faltung macht Stimmabgabe ungültig

Das LAG bestätigte die Entscheidung des Wahlvorstands und erklärte die Stimmzettel für ungültig.

Das Gericht führte aus, dass die richtige Faltung des Stimmzettels entscheidend für den Schutz der geheimen Wahl sei. Wird der Stimmzettel so gefaltet, dass die Schrift nach außen zeigt, ist es dem Wahlvorstand oder den Wahlbeobachtern möglich, die Entscheidung des Wählers zu erkennen, bevor der Stimmzettel in die Wahlurne geworfen wird. Dies widerspricht dem Grundsatz der geheimen Wahl, der durch die korrekte Faltung gewährleistet werden soll.

Warum ist das Falten bei der Briefwahl wichtig?

Auch bei der Briefwahl ist der Stimmzettel so zu falten, dass die Stimmabgabe nicht erkennbar ist. Auch, wenn der Stimmzettel in einem Umschlag verschickt wird, kann das Wahlgeheimnis nur durch eine ordnungsgemäße Faltung des Stimmzettels gewahrt werden. Das Gericht wies auch darauf hin, dass der Wahlvorstand als Gremium über Briefwahlanträge zu entscheiden habe. Eine bloße Versendung der Briefwahlunterlagen durch ein einzelnes Mitglied des Wahlvorstands sei unzulässig. Quelle | LAG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.11.2023

Sonderkündigungsschutz: Kurierfahrer als Mitglied eines Wahlvorstands

Ein Arbeitnehmer eines Kurierdienstes und Mitglied des Wahlvorstands muss trotz ausgesprochener Kündigung vorläufig beschäftigt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden.

Der Kurierdienst erklärte gegenüber einem als „Rider“ beschäftigten Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung und macht zur Begründung geltend, der Rider habe sich an einem illegalen Streik beteiligt. Der Arbeitnehmer hat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes seine weitere tatsächliche Beschäftigung verlangt und geltend gemacht, er müsse auch vor der bisher noch ausstehenden Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) über diese Kündigung vorläufig weiterbeschäftigt werden. Die Kündigung sei offensichtlich unwirksam, weil er Mitglied des Wahlvorstands für die anstehende Betriebsratswahl gewesen sei.

Das LAG hat dem Antrag des Arbeitnehmers für die Zeit bis zum Ablauf der vereinbarten Befristung seines Arbeitsverhältnisses – anders als zuvor das Arbeitsgericht – stattgegeben und ausgeführt, der erforderliche Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund liege vor. Es sei von einer offensichtlichen Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung auszugehen.

Der Arbeitnehmer sei gemäß den von ihm glaubhaft gemachten Angaben zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Mitglied des Wahlvorstands gewesen und werde damit von dem besonderen Kündigungsschutz erfasst. Die aufgrund dieses Sonderkündigungsschutzes für eine Kündigung erforderliche vorherige gerichtliche Zustimmungsersetzung liege nicht vor. Da von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen sei, bestehe auch ein Anspruch auf Beschäftigung.

Dieser Anspruch sei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbar, da einerseits das Recht des Arbeitnehmers auf Beschäftigung sonst durch Zeitablauf unwiederbringlich verloren sei und andererseits kein berechtigtes Interesse der Arbeitgeberin an der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands angenommen werden könne. Ausgehend hiervon überwiege auch im Hinblick auf den Zweck des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes das Beschäftigungsinteresse.

Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht gegeben.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2022